Formel 1: Das Strecken-Problem

Mit der Ankündigung durch die Formel 1, dass Zandvoort als Großer Preis der Niederlande ab dem Jahr 2020 in den Rennkalender der Königsklasse des Rennsports aufgenommen wird, wurde ein weiterer Schritt Liberty Medias in Richtung einer grundlegenden Veränderung der Streckenlandschaft in der Formel 1 getan. Dabei stellt sich für viele Beobachter der Formel 1 die Frage, ob diese Veränderungen gut für die Rennserie sind.

Dieser Prozess der Veränderung im Bereich der Streckenauswahl wird nun seit einigen Jahren durch die neuen Besitzer der Formel 1, Liberty Media, angetrieben. Dabei waren schon Orte wie Miami oder Buenos Aires im Gespräch und es steht nun fest, dass ab dem Jahr 2020 Rennen in Vietnam und den Niederlanden stattfinden sollen. Zudem wird eine neue Rennstrecke in Rio de Janeiro gebaut, was den Großen Preis von Brasilien von Sao Paulo nach Rio verlegen wird. Dort soll ebenfalls schon ab dem Jahr 2020 der Rennbetrieb aufgenommen werden. Um die Verhandlungen über einen zweiten Großen Preis der USA in Form eines Rennens auf den Straßen von Miami ist es in der vergangenen Zeit zwar etwas ruhiger geworden, dennoch zeigt dies, dass die „Globalisierung der Formel 1“ in den nächsten Jahren immer stärker zunehmen wird.

Und was ist mit Europa?

Dabei scheint es, als würde man die europäischen Rennstrecken vergessen. Die Verträge von Silverstone, Monza und Hockenheim laufen in diesem Jahr aus. Die Zukunft dieser Traditionsstrecken ist dabei ungewiss. Ein Verlust dieser Strecken aus dem Rennkalender wäre eine traurige Entwicklung für die Formel 1, denn mit diesen Strecken würde ein großes Stück der Geschichte des Rennsports verschwinden. Zudem liefern diese Strecken regelmäßig gute Rennen, was man von vielen anderen Austragungsorten nicht behaupten kann. Allein im letzten Jahr gehörten diese drei Rennen zu den spannendsten des Jahres, auch wenn man dies, aus deutscher Sicht, im Fall von Hockenheim nur schmerzlich zugeben möchte. Trotz spannender Rennen hatten Standorte wie Hockenheim in vergangenen Jahren häufig mit geringeren Besucherzahlen zu kämpfen, was auf, zum Teil, sehr hohe Ticketpreise zurückzuführen ist. Im Falle von Hockenheim wird die Strecke nicht durch das Land oder den Bund unterstützt und muss die Rennen komplett aus eigener Tasche bezahlen. Dazu kommt der Vertrag mit der Formel 1, der der Rennstrecke nicht wirklich entgegenkommt. So kommen die hohen Ticketpreise in der Formel 1 zustande.

Ein Problem mit einer zu geringen Zuschauerzahl wird Zandvoort höchstwahrscheinlich nicht haben, denn die Niederlande befindet sich durch Redbull-Piloten Max Verstappen in einem regelrechten Formel 1-Fieber. Dies wird die Zuschauer zwar an die Strecke locken, doch werden sie dort auch unterhalten? Das momentane Layout der Rennstrecke von Zandvoort lässt in dieser Hinsicht nämlich viele Beobachter zweifeln. Die Strecke ist in vielen Abschnitten sehr eng und bietet wenige Möglichkeiten für, in der Formel 1 ohnehin schon schwierige, Überholmanöver. Dies könnte dazu führen, dass an der Strecke Veränderungen vorgenommen werden müssen, was im Falle des „Autodromo Hermanos Rodriguez“ in Mexiko-City oder des „Circuit Paul Ricard“ in Frankreich schon zu viel Kritik geführt hat. Somit kann der 33. Grand Prix der Niederlande, welcher dann im Jahr 2020 stattfinden wird, mit Spannung erwartet werden, auch wenn noch guter Grund zur Skepsis besteht.

Brasilien: Reparieren, was nicht kaputt ist?

Eine der Strecken mit den wohl wenigsten Problemen ist wahrscheinlich Interlagos. Eine tolle Rennstrecke, mit viel Tradition, welche einen guten Abschluss für das Formel 1-Jahr darstellt, bevor man dann meist mit dem Großen Preis von Abu Dhabi mit einem Langeweile-Fest in die Winterpause verabschiedet wird. Trotz dieser guten Strecke wurde nun vom brasilianischen Präsidenten Bolsonaro angekündigt, den Austragungsort des Großen Preises von Brasilien nach Rio de Janeiro zu verlegen und dort eine neue Rennstrecke zu bauen. Die neue Strecke solle nun von Hermann Tilke designed werden, der für fast jede der neuen Formel 1-Strecken verantwortlich ist. Dabei ist abzuwarten, ob die Strecke spannende Rennen liefern wird, denn manche Strecken Tilkes, wie zum Beispiel der „Circuit of the Americas“ in Austin, Texas, liefern gute Rennen ab, während Rennen auf Strecken, wie zum Bespiel dem „Yas Marina Circuit“ in Abu Dhabi, häufig enttäuschen.

Die viel wichtigere Frage ist jedoch: Warum sollte man umziehen, wenn die alte Strecke häufig gute Rennen liefert? Für Viele ist diese Frage nicht zu beantworten und gerade im Fall von Interlagos fällt es einem schwer die Entscheidungen der Formel 1 nachzuvollziehen.

Quantität statt Qualität?

Mit diesen vielen Ankündigungen von neuen Strecken für den Rennkalender fragt man sich, wie viele Rennen es denn dann in Zukunft geben soll. Im letzten Jahr hatten wir mit den Rennen in Frankreich, Österreich und Großbritanien drei Rennen an drei, auf einander folgenden Wochenenden. Dies wurde in diesem Jahr umgangen. Dafür sehen wir dann in diesem Jahr die zeitlich längste Saison der Geschichte der Formel 1. Dabei finden in diesem Jahr gerade einmal 21 Rennen statt. Wie soll der Rennkalender erst einmal aussehen, wenn es 24 oder 25 Rennen im Jahr gibt. Für die Logistik der Teams bedeutet dies viel Stress und für die Mechaniker und anderes Personal der Teams sehr wenig Zeit bei ihren Familien Zuhause. Einige Fahrer hatten sich bei 21 Rennen schon dafür ausgesprochen die Zahl der Rennen zu verringern, dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren nur weiter ausbreiten. Mit vielen Strecken im Kalender, die nur selten gute Rennen liefern, wird die Qualität der einzelnen Rennen für einen quantitativen Überfluss geopfert. Dabei sollte man erst einmal Strecken loswerden oder überarbeiten, die Jahr für Jahr eher zum Einschlafen als zum Mitfiebern anregen. Dies gilt vor Allem für Strecken wie in Budapest, Singapur, Melbourne, Sotschi, Abu Dhabi oder auch Barcelona. Dabei stellt die Debatte um Monaco noch einmal ein anderes, sehr komplexes Thema dar.

Es sollten, meiner Meinung nach, nur 20 Rennen pro Jahr stattfinden, da durch diese Anzahl ausreichend viele Rennen ausgetragen werden, während die Teams trotzdem Zeit für die Entwicklung der Wagen oder die Rückkehr zu ihren Familien haben können. Zudem muss so die Streckenauswahl begrenzter stattfinden, was dazu führen kann, dass nur die besten Strecken ausgewählt werden.

Insgesamt ist festzustellen, dass sich die Formel 1 immer weiter von den Traditionsstrecken in Europa entfernt. Es ist beunruhigend festzustellen, dass man Strecken wie Silverstone, Monza oder Hockenheim vielleicht in Zukunft nicht mehr in der Königsklasse des Rennsports zu sehen bekommt, während die Formel 1 auf langweiligen Strecken, in moralisch fragwürdigen, Ländern ihre Rennen austrägt. Es wird abzuwarten sein, wie sich diese Veränderungen auf die Formel 1 auswirken, doch man sollte hoffen, dass die Traditionsstrecken in Europa und auf der ganzen Welt von Liberty Media bevorzugt werden.